Xenotransplantation

Moralische Probleme der Xenotransplantation

Zum Text „Xenotransplantation aus ethischer Sicht“ von E.M. Engels

Tierethische Fragen:
Ein wesentlicher Gesichtspunkt, der ethische Fragen aufwirft und im Zusammenhang mit der Forschung zur Xenotransplantation steht, ist der Gebrauch von Versuchstieren.
In der Literatur kommt es zu einer Verwendung von Begriffen, die für Tierversuchszwecke Kategorien aufzeigen, die eine Einteilung von Tiergruppen bzw. -klassen ermöglichen.
In einer Transplantationsmedizin mit etablierter Xenotransplantation würde nach heutigem Stand pragmatisch ein wesentliches Kriterium für die Verwendung von Tieren, deren jeweilige kategoriale Ein- bzw. Zuordnung sein. Fällt ein Tier unter den Begriff „source animal“, bedeutet dies in der Literatur zunächst, dass es aus ethischen Gründen nicht abzulehnen sei, diese Tiere für Versuchszwecke zu gebrauchen.26
„Source animals“ zeichnen sich dadurch aus, dass ihre kognitiven Fähigkeiten nicht in einer gewissen Weise27 vorhanden sind, ihre Leidensfähigkeit nicht bemerkenswert oder erkennbar ist und eine nahe Verwandtschaft28 mit dem Menschen nicht vorliegt.
Engels verweist in diesem Abschnitt darauf, dass Primaten zu der Gruppe von Tieren gehören, denen diese Eigenschaften zugeordnet werden.29
Kein „Source animal“ zu sein, bedeutet aber nicht, von möglichen Tierversuchen verschont zu bleiben. Aus diesem Grunde wird auf die Fragwürdigkeit der Argumentation hingewiesen, dass einerseits Primaten nicht als „source animals“ in Frage kommen, andererseits deren Verwendung für Forschungszwecke nicht ausgeschlossen wird.30
Als Begründung für die Ablehnung von Primaten31 für Forschungszwecke werden oft die mangelnden Alternativen angeführt. Dieses Argument greift allerdings nur dann, wenn Alternativmethoden bereits erforscht wurden, was bisher nicht geschehen ist.32
Wie sieht es mit der Verwendung von Schweinen für Versuchszwecke aus?
Zunächst geht Engels davon aus, dass bei Schweinen so etwas wie Leidensfähigkeit nicht auszuschließen ist, was bedeutet, dass für diese Tiere die Art und Weise, in der sie gehalten werden, nicht irrelevant sein muss. Es wird angezweifelt, dass die für die Xenotransplantation gezüchteten Tiere artgerecht gehalten würden.33
Weiterhin ist denkbar, dass die Schweine durch die transgene Veränderung ihres Organismus zum Zweck der Transplantion von Leiden nicht verschont bleiben.34
Schließlich greift Engels das Argument auf, dass „wir Schweine zu Nahrungszwecken züchten […] [und] in der Kosmetikindustrie und in anderen Bereichen“35 für Tierversuche gebrauchen. Bei diesem Argument muss zwischen zwei Akzeptanzgrößen differenziert werden:
Einer „faktisch existierenden Akzeptanz [und einer] ethische[n] Akzeptabilität“.36
Selbst wenn ein Großteil der Gesellschaft eine solche Argumentation vertritt, muss diese Tatsache noch nicht bedeuten, dass es sich um ethisch relevante Argumente handelt. Genau solche Argumente sind allerdings in diesem Kontext wesentlich.
Insgesamt ist der Umgang mit Tieren zu kritisieren. Vorherrschende Missstände in diesem Zusammenhang, wie z.B. Tiertransporte oder Legebatterien, dürfen keine Kriterien dafür sein, die Xenotransplantation zu rechtfertigen.

Appetitlosogkeit bei Krebs Heelys

26Engels, S. 49. Ehemals wurde der Begriff „donor animal“ verwendet, der dann durch den Begriff „source animal“ ersetzt wurde. Nähere Ausführungen zu Gründen der begrifflichen Abwandlung bei Engels.
27 Ich habe an dieser Stelle die Begrifflichkeit „gewissen Weise“ gewählt, weil als Anhaltspunkt nur die Primaten genannt werden. Welche Messmethoden vorliegen und wie Beurteilungen von Messungen aussehen, wird nicht näher ausgeführt. Ob die kognitiven Eigenschaften mit Skalen messbar sind oder unter zu Hilfenahme bestimmter Kriterien untersucht wurden, ist unklar. Kriterien müssen vorliegen, da Primaten aus ethischen Gründen nicht der Kategorie „source animals“ zugeordnet werden. Der Umstand des Grades ihrer kognitiven Fähigkeiten ist ein ganz entscheidender.
28 Zum Aspekt der Verwandtschaft: Primaten leben in einem Verhältnis der „nahe[n] Verwandtschaft“ (Engels). Die Begrifflichkeit der nahen Verwandtschaft birgt folgende Probleme: Innerhalb der Primaten müsste - was ihr jeweiliges verwandtschaftliches Verhältnis angeht - sicherlich differenziert werden. Ab welcher Art von Primaten ist die verwandtschaftliche Nähe noch so erkennbar oder deutlich, dass diese Geschöpfe noch nicht zur Kategorie der „source animals“ gezählt werden können. Weiterhin stellt sich die Frage, wie mit den direkten Verwandten der Primaten - wer immer das auch sein mag - umzugehen sei. Der jeweilige Verwandtschaftsgrad zum Menschen bewegt sich argumentativ in Grauzonen und ist kritisierbar.
29 Neben diesen Eigenschaften wäre der wirtschaftliche Aufwand erheblich, Primaten als „source animals“ zu gebrauchen. Vgl. dazu auch die Ausführunen von Engels S. 49 f. und von Ach S. 298.
30 Engels, S. 50. Nicht nur die Argumentation ist fragwürdig und inakzeptabel, sondern auch die dahinter befindlichen ethischen Vorstellungen. Liest man die von Engels wiedergegebene Argumentation hinsichtlich „source animals“ und Primaten, so scheint sich dahinter ein Problemkomplex zu verbergen. Es ist nicht nur anzuzweifeln, dass Nicht-Primaten nicht leidensfähig und keine kognitiven Fähigkeiten haben. Werden Tieren solche Eigenschaften (laut Literatur noch nahe Verwandtschaft) zugerechnet, sind diese wiederum nicht hinreichend, um Versuche zu verbieten. Wie letztendlich soll das Kriterium dafür aussehen, dass Geschöpfe tierlicher Herkunft widerspruchsfrei von Forschungszwecken verschont bleiben? Diese Frage wird ich im Schlussteil noch einmal aufgegriffen.
31Im Zusammenhang mit Primaten kommt es nach Meinung von Engels zum „Ausdruck eines tiefverwurzelten Anthropozentrismus“(Engels, S. 51). Der Verwandtschaftsgrad der Primaten spielt eine entscheidende Rolle für die Schutzwürdigkeit.
32Engels, S. 50. An dieser Stelle verweist Engels darauf, dass sich aus biologischen Gründen das „Primatenmodell“ nicht eignet, da bestimmte Fragen, die die „Infizierbarkeit des menschlichen Organismus durch endogene Retroviren vom Schwein“ betreffen, nicht geklärt werden können.
33Ebd. S. 50.
34Diese transgene Veränderung könnte nötig sein, um eine organische Anpassung an den menschlichen Organismus zu gewährleisten.
35Ebd. S. 50.
36Ebd. S. 50.
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